Die wichtigsten Meldungen in Kürze

 

Neue Verordnungen zur Energieversorgung treten heute in Kraft
Verbrauchererfolg: Versorgungspflicht auch gegenüber Zahlungskürzern

(8. November 2006) Als den größten Erfolg der Vereinsgeschichte bezeichnete Dr. Aribert Peters, der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher die heute in Kraft tretenden Verordnungen. Sie regeln die Strom- und Gasversorgung von Haushaltskunden. Für die zahlreichen Verbesserungen habe die Verbraucherlobby seit Jahrzehnten gekämpft.

Verbraucher, die ihre Strom- oder Gasrechnung angekündigt wegen zu hoher Preise kürzen, brauchen künftig keine Angst mehr vor Strom- oder Gassperren zu haben. Der Bund der Energieverbraucher rät allen Verbrauchern, die überhöhten Strom- und Gaspreise um ein Viertel zu kürzen und nicht die geforderten überhöhten Preise zu zahlen. Informationen dazu auf http://www.energiepreise-runter.de.

Nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt treten die Verordnungen (Stromgrundversorgungsverordnung StromGVV und Gasgrundversorgungsverordnung GasGVV sowie Niederspannungsanschlussverordnung NAV und Niederdruckanschlussverordnung NDAV) heute in Kraft. Nach den neuen Verordnungen müssen Preisänderungen allen Kunden vorab schriftlich mitgeteilt werden. Strom- und Gassperren müssen künftig vier Wochen vorher statt bisher zwei Wochen vorher angekündigt werden. Streitigkeiten über die Höhe und die Angemessenheit der Preise rechtfertigen künftig keine Versorgungsunterbrechung. Baukostenzuschüsse werden auf höchstens 50 % statt bisher 70 % begrenzt. Die Haftung der Versorger bei Versorgungsstörungen wird durch die Verordnungen ausgeweitet. Bei Sachschäden haftet der Versorger künftig auch für leichte Fahrlässigkeit (bisher nur grobe Fahrlässigkeit) mit höchstens 5.000 Euro je Einzelfall. Die bisherige Kündigungsfrist von einem Jahr verkürzt sich künftig auf einen Monat.Kontakt für Presserückfragen: Dr. Aribert Peters, Tel.: 02224 960 34 36, mobil: 0170 44 88 606.

Der Bund der Energieverbraucher e.V. ist der Zusammenschluss von privaten und kleingewerblichen Energieverbrauchern in der Bundesrepublik. Der Verein hat über 11.000 Mitglieder und finanziert sich ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge.

Internetadresse: > http://www.energieverbraucher.de/itid__340/

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Gericht kippt Gaspreis-Erhöhung

Kunde klagt erfolgreich gegen Wolfsburger Eon-Tochter – Richterin: Signalcharakter

Von Christian Franz

WOLFSBURG. Die regionale Eon-Tochter "LandE Stadtwerke Wolfsburg GmbH" (LSW) darf einem Kunden in Meine nicht den Gaspreis erhöhen. Das Urteil des Amtsgerichts Wolfsburg könnte über den Einzelfall hinaus für alle 23 400 privaten LSW-Gaskunden in den Kreisen Gifhorn und Helmstedt sowie in der Stadt Wolfsburg bedeutsam werden (Aktenzeichen 10C202/05).

Der Kläger aus dem Kreis Gifhorn will anonym bleiben. Er spart vorerst rund 40 Euro Gaskosten pro Jahr. Er hatte nach der Preiserhöhung 2005 unter Vorbehalt bezahlt und den Rechtsweg beschritten. Richterin Dr. Uta Engemann gab ihm Recht. "Es ist eine Einzelfall-Entscheidung, aber mit Signalcharakter", betonte sie. "Denn die unwirksame Vertragsklausel findet sich in den allgemeinen Lieferbedingungen aller LSW-Gasverträge."

Der Passus, wonach die Firma den Gaspreis erhöhen kann, sobald der Vorlieferant den Preis anhebt, verstößt laut Urteil gegen das Transparenzgebot. Der Kunde kann nicht erkennen, ob die Preisfestsetzung rechtmäßig ist. Dabei stützt sich Richterin Engemann auf ein Urteil des Landgerichts Bremen vom Mai (Aktenzeichen 8O1065/05).

Rechtskräftig ist das Wolfsburger Urteil noch nicht. Obwohl wegen des geringen Streitwerts eine Berufung normalerweise nicht möglich wäre, ließ die Richterin sie zu. Zuständig wäre das Landgericht Braunschweig.

LSW-Prokurist Friedrich Pikzak kündigte an: "Wenn möglich, werden wir Rechtsmittel nutzen." Inhaltlich wollte sich Pikzak erst äußern, wenn in drei Wochen die Urteilsbegründung vorliegt. Welche Bedeutung die LSW dem Preiskampf zumisst, belegt die Wahl des Prozessvertreters. Es ist die internationale Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. Die LSW setzte 2005 rund 250 Millionen Euro um. Sie lieferte knapp 1,1 Milliarden Kilowattstunden Gas.

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Das Bundeswirtschaftsministerium will überhöhte Strompreise durch eine Verschärfung des Kartellrechts bekämpfen. Der Gesetzentwurf ist hier veröffentlicht:

http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Presse/pressemitteilungen,did=169318.html

Der Bund der Energieverbraucher ist zur Anhörung am 27.11.06 eingeladen. Stellungnahmen zum Gesetzentwurf sind willkommen, sofern sie rechtzeitig hier eingehen.Aus meiner Sicht muss bei einer Änderungs des Energiewirtschaftsgesetzes die Strukturklasse NBL abgeschafft werden. Denn sie legitimiert die im Osten höheren Strom- und Gaspreise, obwohl es dafür gar keine Rechtfertigung gibt. Das hat unlängst eine Studie im Auftrag des sächsischen Wirtschaftsministerium ergeben.

Dr. Aribert Peters

Vorsitzender

Bund der Energieverbraucher e.V.
Grabenstr. 17 53619 Rheinbreitbach

_____________________________________________________________________________________Information aus der „Energiedepesche - 3 - September 2006 „
des Bundes der Energieverbraucher e.V.

(www.energieverbraucher.de)

Streit um richtigePreise

Beieinseitiger Preisfestsetzung schuldet der Verbraucher dem Versorger nur den billigen
Preis (§
315 BGB). Der Verbraucher ist aber kaum in der Lage, diesen abzuschätzen. Welche
Preise für Strom und Gas als angemessen gelten k
önnen, wird nachfolgend diskutiert.

   Ein einseitig bestimmter Preis ist nur verbindlich, wenn er der Billigkeit entspricht. Das hat der Versorger nachzuweisen. Die derzeit geforderten Gas-und Strompreise sind unangemessen hoch, wie der Bund der Energieverbraucher nachfolgend zeigt. Er will damit allen Verbrauchern einen Anhaltspunkt für die Höhe des zu überweisenden Entgelts für Gas und Strom an die Hand geben.
   Der angemessene Gaspreis wird hier auf zwei völlig unterschiedlichen Wegen abgeschätzt: Durch einen Zeitvergleich der Jahre 1995 und 2006 einerseits und eine Abschätzung der Zusammensetzung des Gaspreises für 2005 andererseits. Da unternehmensspezifische Daten in der Regel nicht zur Verfügung stehen, gehen wir von bundesweiten Durchschnittswerten aus. Diese Werte stehen vom Statistischen Bundesamt (Haushaltspreise) und vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausruhrkontrolle zur Verfügung (Importpreise).

Zeitvergleich 1995 mit 2006

   Wir gehen von einem Zeitpunkt in der Vergangenheit, zum Beispiel 1995 aus. Damals lag der Haushaltsgaspreis im Bundesschnitt bei 3,15 Cent/kWh. Der Importpreis lag bei 0,63 Cent/kWh. Verteilkosten und Marge betrugen 2 Cent/kWh, die Steuer 0,6 Cent/kWh (16 Prozent MWSt + 0,18 Cent/kWh Gassteuer).
   Die steuerbereinigte Wertschöpfung von 2 Cent/kWh unterliegt einem generellen sektoralen Produktivitätsfortschrirt, der von der Bundesnetzagentur auf jährlich 2,54 Prozent beziffert wird (vgl. 1. Referenzbericht Anreizregulierung der Bundesnetzagentur vom 8. Dezember 2005 „Price Caps ...", Rdnr. 124, S. 31). Zwischen 1995 und dem Jahr 2006 gab es somit einen Effizienzgewinn von 32 Prozent. Statt 2 Cent/kWh waren im Jahr 2006 somit nur noch l ,36 Cent/kWh aufzuwenden.

Preis 2006 1,14 Cent/kWh zu hoch

Der Importpreis lag im Jahr 2006 (Januar und Februar) bei 2,05 Cent/kWh. Die Steuer beträgt 1,18 Cent/kWh (Mehrwertsteuer + 0,55 Cent/kWh Erdgassteuer). Daraus ergibt sich, dass der Durchschnittsgaspreis fiir Haushalte im Januar/Februar 2006 höchstens 2,05 + 1.36 + 1.18 = 4,6 Cent/kWh betragen durfte. Tatsächlich lag der Gaspreis 2006(Januar, Februar) bei 5,74 Cent/kWh (Stat. Bundesamt). Der bundesdurch-schnitdiche Gaspreis lag also um 1,14 Cent/kWh über dem Gaspreis, der sich aus dem Gaspreis von 1995 bei angemessener Erhöhung ergeben würde.
   Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine Abschätzung des Bundes der Energieverbraucher bereits im Juni 2005 (Energiedepesche Juni 2005).
   Aus der ständigen Beobachtung der Gaspreisenrwicklung zwischen 1987 iind 1995 (vgl. Energiedepeschen dieser Jahre) ergibt sich zwingend, dass bereits 1995 die Gaspreise deutlich überhöht waren und damals nicht der Billigkeit entsprachen. Dies blieb bei vorstehender Rechnung unberücksichtigt. Deshalb muss diese Abschätzung als Obergrenze für einen angemessenen Gaspreis verstanden werden, solange nachprüfbare unternehmensspezifische Daten nicht vorliegen.

Bestandteile des Gaspreises

Die zweite Methode schätzt die einzelnen Bestandteile, aus denen sich der Gaspreis zusammensetzt, in ihrer Höhe ab. Dabei ist man vielfach auf Schätzungen angewiesen.
   Der Gaspreis für Haushaltskunden setzt sich zusammen aus den Kosten des Gasbezugs vom Vorlieferanten, Netzentgelt, Kosten für Vertrieb und Abrechnung, Marge sowie Steuern und Abgaben.
   Industrielle Gaskunden mit einer Bezugsmenge, die einem mittleren Stadtwerk entspricht (500 GWh/a), bezogen das Gas im Jahr 2005 laut der britischen Firma Energy Advice im Schnitt für nur 1,49 Cent/kWh, maximal für 1,69 Cent/ kWh. Der Gasimportpreis lag 2005 bei 1,61 Cent/kWh. Daher kann man davon ausgehen, dass der Gasbezugspreis eines Stadtwerks 2005 bei etwa 1,69 Cent/ kWh lag. Er wird nicht wesentlich höher sein als der Preis, für den ein Industrieunwird bestätigt durch Gewinn- und Ver­lustrechnungen von verschiedenen Gas­versorgungsunternehmen.

Die Versorger kalkulieren mit fiktiv überhöhten Netzkosten, die sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung nicht als Kostenpositionen allein ableiten lassen. Das bestätigt sich auch durch die immen­sen Unterschiede bei den Netzentgelten der verschiedenen Gasversorger. Die Kos­ten je Leitungskilometer unterscheiden sich nach Auswertungen der Bundesnetzagentur um das Fünfzehnfache! Die Stadt­werke München und auch E.ON Hanse geben die Netzentgelte mit 1,22 Cent/ kWh basierend auf 1.500 Benutzungs­stunden an. Weil sich die Abnahmeprofile von Haushaltskunden miteinander mi­schen - jeder bezieht das Gas zu unter­schiedlichen Zeiten - , kann man jedoch mit mindestens 3-000 Benutzungsstunden rechnen. Daraus ergeben sich Netzkostcn von 0,79 Cent/kWh. Diese auf der Ver­bändevereinbarung II basierenden Preise sind um mindestens 20 Prozent überhöht. Es ergeben sich also Netzentgelte von 0,63 Cent/ kWh. Für Systemdienstleistungen wie Lastverstetigung und Messung sind 0,25 Cent/kWh hinzuzurechnen. Für Vertrieb und Abrechnung rechnet die Thüga mit 0,15 Cent/kWh („Helga"-Pa-pier). Eine zusätzliche Marge braucht nicht berücksichtigt zu werden, da die obigen Positionen bereits jeweils Margen enthal­ten. Die Konzessionsabgabe beträgt bun­deseinheitlich 0,03 Cent/ kWh für Gas-sondervertragskunden. Für Kochgas gel­ten höhere Sätze. Heizgasverträge sind aber stets Sonderverträge. Die Erdgassteu­er beträgt seit dem 1. Januar 2003 0,55 Cent/kWh. Hinzu kommt die Mehrwert­steuer von 16 Prozent.

Gaspreis um 36 Prozent zu hoch

Damit ergibt sich ein angemessener Gaspreis von 3,83 Cent/kWh.

Der tatsächliche Gaspreis lag im Jahr 2005 bei 5,2 Cent/kWh und war mithin um 1,37 oder um 36 Prozent zu hoch. Setzt man die von den Versorgern bean­spruchten höheren Werte für Gasbezug und Netznutzung ein, so erhöht sich der angemessene Gaspreis um 1,18 Cent/ kWh. Die Differenz zum tatsächlichen Gaspreis vermindert sich dadurch prak­tisch auf Null.